Multiplikatoren-Lehrgang für den Einsatz der Kettenrettung...
Eine altbekannte Rettungstechnik feiert seit einiger Zeit ihr „Comeback“ in der Rettung von eingeklemmten Personen nach Verkehrsunfällen – die Kettenrettung. Vor vielen Jahren noch als absolutes „No-Go“ abgestempelt, erhält diese Rettungsart durch modernere Technik und ein neu durchdachtes Verfahren wieder Einzug in das Portfolio deutscher Feuerwehren. Auch die Feuerwehr Ochtrup, durch dessen Einsatzgebiet eine Vielzahl von Landstraßen, sowie große Teilstücke der Bundesstraße 54 und der Bundesautobahn 31 führt, möchte ihr Spektrum im Bereich der technischen Hilfeleistung nach schweren Verkehrsunfällen in Zukunft mit der Technik der „Kettenrettung“ erweitern. Hierzu fand am vergangenen Wochenende ein Multiplikatoren-Lehrgang auf dem Gelände des ehemaligen Baubetriebshof statt…
Die als „Oslo-Methode“ bezeichnete Kettenrettung findet ihren Ursprung, wie der Name es bereits vermuten lässt, im skandinavischen Raum wieder und wurde dort durch norwegische Einsatzkräfte entwickelt. Hierbei handelt es sich um eine technische Art zur Befreiung von eingeklemmten Fahrzeug-Insassen von PKW und/oder LKW durch den Einsatz von Ketten im Zugverfahren mit dem Ziel verformte Fahrzeug-Karosserien entsprechend so auseinander zu ziehen, dass eine schnelle und effektive Personenrettung ermöglicht wird.
Ein großer Vorteil der Kettenrettung im Vergleich zu hydraulischen Gerätesätzen wie beispielsweise Schere, Spreizer und Co. ist der große Zeitvorteil bei korrekter Anwendung und einer gut eingespielten Mannschaft. Hierbei kommen verschiedene Ketten und textile Anschlagmittel zum Einsatz, welche durch den Einsatz eines Festpunktes (natürlich/künstlich) und eines Einsatzfahrzeuges mit Seilwinde entsprechenden Zug auf das betroffene Unfallfahrzeug geben, um beispielsweise Teile der Karosserie ansatzweise in seine ursprüngliche Form zu bringen.
Doch diese Technik, welche noch viele weitere Einsatzmöglichkeiten bietet, galt lange Zeit als verpönt. In der damaligen Anwendung der Kettenrettung konnte von einer „erschütterungsfreien/-armen“ Rettung kaum die Rede sein. Mit dem Einzug entsprechender Trauma-Richtlinien zur Behandlung von schwerst verletzten Patienten nach Verkehrsunfällen erhielt die Taktik der „patientenorientierten Rettung“ einen immer größeren Stellenwert – ein Ausschlusskriterium für die damalige Kettenrettung. Doch auch wenn der Einsatz von hydraulischen Rettungsgeräten nach wie vor das gängige Mittel der Wahl ist, mit neu durchdachten Verfahren ist das System der Kettenrettung für die Feuerwehren wieder interessant geworden. Voraussetzung hierfür ist jedoch, dass der Zustand des Unfallfahrzeuges eine Kettenrettung zulässt und das an der Einsatzstelle eine entsprechend ausreichende Aufstellfläche für die Einsatzfahrzeuge besteht.
Insgesamt 12 Feuerwehrkameraden konnten am vergangenen Samstag zu Multiplikatoren im Bereich der Kettenrettung fortgebildet werden, mit dem Ziel dieses Wissen in Zukunft in den eigenen Reihen weiterzuvermitteln. Gestartet ist der Tag mit einer kurzen Theorie-Einheit am Gerätehaus Ochtrup. Hierbei wurden neben Zahlen, Daten, Fakten zu den Themen Anschlagmittel und den Besonderheiten von unterschiedlichen Kettenrettungssystemen, auch die Themen „Gefahren an der Einsatzstelle“, Grundlagen in der Kettenrettung, technische Vorgehensweisen, sowie Erfahrungsberichte aus realen Einsatzsituationen behandelt.
Den Großteil des Tages verbrachte die Gruppe jedoch im Rahmen der praktischen Ausbildung auf dem Gelände des ehemaligen Baubetriebshofs in der Weiner-Bauernschaft. Insgesamt vier Schrott-PKW standen an diesem Tag zur Verfügung, um die verschiedenen Einsatzmöglichkeiten der Kettenrettung praktisch durchzuführen. Egal ob „Front-Ziehen“, „Seitliches-Ziehen“ oder „Dach-Ziehen“ – ein Unfallszenario folgt dem anderen.
Mit vielen neuen Eindrücken und einem sicherlich nun deutlich erweiterten Horizont in dem Bereich der technischen Hilfeleistung endete ein spannender und zugleich anstrengender Ausbildungstag für unsere 12 Kameraden. Nun gilt es das neu erlangte Wissen aufzunehmen, entsprechende lokale Einsatzkonzepte hierfür zu entwickeln und die Technik in naher Zukunft in die Mannschaft zu bringen. Ersetzen wird die Kettenrettung im übrigen ihre hydraulischen Mitstreiter auf keinen Fall – sie ist lediglich eine zusätzliche Rettungsform, um auch weiterhin auf Verkehrsunfälle jeglicher Art bestens vorbereitet zu sein…