Eine Rufnummer für ganz Europa...
Wenn es irgendwo brennt oder eine Person sich schwer verletzt hat, dann wählen wir die Notrufnummer 112. Die Nummer für den Notfall, welche schnelle und effektive Hilfe zu jeder Tages- und Nachtzeit verspricht, kennt mittlerweile jedes Kind. Doch nur die Wenigsten wissen, wie der Notruf ins Leben gerufen wurde und wie er tatsächlich funktioniert. Eigentlich kaum zu glauben, dass die Einführung der bundeseinheitlichen Notrufnummern 112 und 110 in den 1970er Jahren ein riesiges Streitthema in der Politik auslöste. Genau zu diesem Zweck wurde der Europäische Tag des Notrufs am 11. Februar 2009 ins Leben gerufen: Er soll darauf aufmerksam machen, wie wichtig ein gut funktionierendes Notfallsystem ist und zeigen, was es mit der 112 eigentlich auf sich hat.
Bis 1973 gab es in der Bundesrepublik kein einheitliches Notrufsystem. Jede Stadt bzw. jede Gemeinde hatte bis dahin ihr eigenes Konzept und ihre eigene Notrufnummer für die Notfallhilfe, was zur Folge hatte, dass die lebensrettende Hilfe oftmals zu spät kam – wie im Fall des neunjährigen Björn Steiger.
Björn Steiger verunfallte 1969 auf dem Heimweg vom Schwimmbad nach Hause, als er von einem Auto angefahren wurde. Zwar alarmierten die Unfallzeugen damals sofort die Rettungskräfte, doch bis diese damals an der Unfallstelle ankamen, verging fast eine Stunde. Björn Steiger erlag damals noch auf der Fahrt zum Krankenhaus seinen schweren Verletzungen. Ein gut funktionierendes Notrufsystem, wie wir es heute kennen, hätte dem neunjährigen Jungen seinerzeit sicherlich das Leben gerettet.
Den tragischen Tod ihres Sohnes nahmen die Eltern von Björn Steiger – Ute und Siegfried Steiger – zum Anlass für eine Verbesserung des Notrufsystems zu kämpfen. Mangels Bereitschaft in der Politik ein flächendeckendes Notrufsystem zu schaffen, gründete das Ehepaar Steiger mit sieben Freunden am 07.07.1969 die Björn-Steiger-Stiftung als gemeinnütziger Verein mit dem Ziel, den Aufbau der Notfallhilfe in Deutschland anzuregen. Durch ihre groß angelegten Aktionen traf die Stiftung einen Nerv in der Bevölkerung und löste hiermit eine riesige politische Debatte im ganzen Land aus. In einem 15. Punkte-Plan forderte Siegfried Steiger die Innenminister der Länder in einem offenen Brief ultimativ auf, die Voraussetzungen zum Aufbau des Rettungsdienstes zu schaffen. Am 27. Juli 1973 verklagte dieser die Bundesrepublik Deutschland vor dem Verwaltungsgericht Stuttgart auf „Unterlassene Hilfeleistung“ nachdem die bundeseinheitliche Einführung der Notrufnummer 112/110 scheiterte. Zwar wurde die Klage damals abgewiesen, sorgte aber innerhalb der Öffentlichkeit für eine breite Unterstützung und setzte die Politik somit enorm unter Druck. Am 20. September wurde daher die bundeseinheitliche Einführung des Notrufs auf einer Sitzung der Ministerpräsidenten und dem Bundeskanzler beschlossen. In den darauffolgenden Jahren wurde der Rettungsdienst und die Notfallhilfe in Deutschland großflächig ausgebaut und zählt heutzutage zu einem der am besten funktionierenden Systeme der Welt.
Seit Dezember 2008 erreichen die Bürgerinnen und Bürger der europäischen Union die Notfalldienste aus allen Fest- und Mobilfunknetzen in allen 27 Mitgliedsstaaten gebührenfrei und einheitlich über die Notrufnummer 112.
Quelle: Björn-Steiger-Stiftung